Bewegte Geschichte
Text: Thorsten Bayer
Fotos und Video: Markus Gmeiner/Yohana Papa Onyango
Den Humor hat Albert Wachter noch lange nicht verloren. „Ich bin schon 68 Jahre verheiratet, da hört man schlecht“, sagt er lächelnd. Dabei ist der Grund für sein schwaches Gehör ein ernster. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1944 wurde er eingezogen. Über Augsburg kam der damals 18-Jährige nach Leipzig und wurde dort in der schweren Luftabwehr K2 eingesetzt. Die zahlreichen Fliegeralarme haben sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt: „Ich musste in Stellung an eines von acht Geschützen. Ein Geschütz hatte vier Tonnen, wobei es beim Schuss einen Rückschlag von ca. anderthalb Metern gab – vom Lärm gar nicht zu reden.“
Wachters Erinnerungen, vor allem an diese prägende Zeit, hat nun seine Tochter Christiane Berninger aufgeschrieben. „Er hat sich schon lange gewünscht, dass jemand seine Lebensgeschichte aufschreibt“, erzählt sie. „Bevor ich sie noch vergesse“, ergänzt er.
Unter einem Dach
Heute hat Albert Wachter in einer gemütlichen Sitzecke des Bludenzer Sozialzentrums Laurentius-Park Platz genommen, vor sich den Schnellhefter mit der Autobiographie, rechts neben sich Christiane. Er macht einen zufriedenen Eindruck.
„Ich habe mehr als nur Glück gehabt, dass ich aus dem Krieg zurückgekommen bin“, sagt er. Seine kurze Zusammenfassung: „Ich hatte ein hartes Leben, aber auch ein schönes.“ Seit elf Jahren wohnt er im damals neu erbauten SeneCura-Heim in ruhiger und gleichzeitig zentraler Lage: zur einen Seite das Schlosshotel und kurz dahinter die Altstadt, zur anderen der Muttersberg. Im August 2007 bezog der gebürtige Montafoner mit seiner Frau Erna eine betreute Wohneinheit.
Zwei Jahre später musste Erna nach einer Gehirnblutung und einem darauffolgenden Schlaganfall auf die hauseigene Pflegestation verlegt werden. Sie hat sich davon nicht mehr erholt und wird vom Pflegepersonal liebevoll umsorgt. „Jeden Vor- und jeden Nachmittag besucht Albert seine Frau“, weiß Pflegedienstleiter Daniel Siegl. Fast täglich ist auch Sohn Peter, eines von fünf Kindern der Wachters, zu Gast.
Langzeit-Pflege
Rund 2.400 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger leben derzeit in Pflegeheimen. Wenn es zu Hause trotz aller Unterstützungsmöglichkeiten nicht mehr geht, erhalten sie dort rund um die Uhr Betreuung und Pflege. Ziel ist das Erhalten der vorhandenen Kompetenzen mit einer, trotz Einschränkungen, möglichst hohen Lebensqualität.
Kaufmann mit Leib und Seele
Peter Wachter hat das Elternhaus in Gortipohl übernommen – ein Gebäude mit Geschichte, die seinem Vater heute noch viel bedeutet. Doch bis dieses Haus schließlich stehen sollte, waren für Albert noch einige Hindernisse zu überwinden. Nach der geglückten Flucht aus Deutschland kehrte er nach Vorarlberg zurück. Sein großer Bruder Ignaz kam nicht aus dem Krieg zurück. In der Lodenfabrik Schruns lernte er seine Frau kennen. Der Geschäftsleiter der Konsumgenossenschaft St. Gallenkirch bot ihm bald eine Stelle als Abteilungsleiter in der Hauptfiliale an. Die Wachters zogen nach St. Gallenkirch, in eine Wohnung im Geschäftsgebäude – bis 1956 eine Mure das Haus völlig zerstörte. Wieder ein Umzug, dieses Mal nach Koblach, in Ernas Heimatort. Albert arbeitete zu dieser Zeit in einer Türen- und Fensterfabrik in der Schweiz und fuhr nebenbei noch Taxi.
Doch schon damals träumte er von einem eigenen Geschäft. „Papa konnte schon immer gut handeln“, sagt Christiane mit einem Lächeln. Sein Verhandlungsgeschick kam ihm wenig später zugute. Zunächst eröffnete er in Gortipohl einen kleinen Lebensmittelhandel – in der Garage eines Einfamilienhauses. 1959 bezog die Familie im gleichen Ort ein eigenes Haus mit Geschäftslokal.
Bewegte Geschichte
Text: Thorsten Bayer
Fotos und Video: Markus Gmeiner/Yohana Papa Onyango
Den Humor hat Albert Wachter noch lange nicht verloren. „Ich bin schon 68 Jahre verheiratet, da hört man schlecht“, sagt er lächelnd. Dabei ist der Grund für sein schwaches Gehör ein ernster. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1944 wurde er eingezogen. Über Augsburg kam der damals 18-Jährige nach Leipzig und wurde dort in der schweren Luftabwehr K2 eingesetzt. Die zahlreichen Fliegeralarme haben sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt: „Ich musste in Stellung an eines von acht Geschützen. Ein Geschütz hatte vier Tonnen, wobei es beim Schuss einen Rückschlag von ca. anderthalb Metern gab – vom Lärm gar nicht zu reden.“
Wachters Erinnerungen, vor allem an diese prägende Zeit, hat nun seine Tochter Christiane Berninger aufgeschrieben. „Er hat sich schon lange gewünscht, dass jemand seine Lebensgeschichte aufschreibt“, erzählt sie. „Bevor ich sie noch vergesse“, ergänzt er.
Unter einem Dach
Heute hat Albert Wachter in einer gemütlichen Sitzecke des Bludenzer Sozialzentrums Laurentius-Park Platz genommen, vor sich den Schnellhefter mit der Autobiographie, rechts neben sich Christiane. Er macht einen zufriedenen Eindruck.
„Ich habe mehr als nur Glück gehabt, dass ich aus dem Krieg zurückgekommen bin“, sagt er. Seine kurze Zusammenfassung: „Ich hatte ein hartes Leben, aber auch ein schönes.“ Seit elf Jahren wohnt er im damals neu erbauten SeneCura-Heim in ruhiger und gleichzeitig zentraler Lage: zur einen Seite das Schlosshotel und kurz dahinter die Altstadt, zur anderen der Muttersberg. Im August 2007 bezog der gebürtige Montafoner mit seiner Frau Erna eine betreute Wohneinheit.
Zwei Jahre später musste Erna nach einer Gehirnblutung und einem darauffolgenden Schlaganfall auf die hauseigene Pflegestation verlegt werden. Sie hat sich davon nicht mehr erholt und wird vom Pflegepersonal liebevoll umsorgt. „Jeden Vor- und jeden Nachmittag besucht Albert seine Frau“, weiß Pflegedienstleiter Daniel Siegl. Fast täglich ist auch Sohn Peter, eines von fünf Kindern der Wachters, zu Gast.
Langzeitpflege
Rund 2.400 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger leben derzeit in Pflegeheimen. Wenn es zu Hause trotz aller Unterstützungsmöglichkeiten nicht mehr geht, erhalten sie dort rund um die Uhr Betreuung und Pflege. Ziel ist das Erhalten der vorhandenen Kompetenzen mit einer, trotz Einschränkungen, möglichst hohen Lebensqualität.
Kaufmann mit Leib und Seele
Peter Wachter hat das Elternhaus in Gortipohl übernommen – ein Gebäude mit Geschichte, die seinem Vater heute noch viel bedeutet. Doch bis dieses Haus schließlich stehen sollte, waren für Albert noch einige Hindernisse zu überwinden. Nach der geglückten Flucht aus Deutschland kehrte er nach Vorarlberg zurück. Sein großer Bruder Ignaz kam nicht aus dem Krieg zurück. In der Lodenfabrik Schruns lernte er seine Frau kennen. Der Geschäftsleiter der Konsumgenossenschaft St. Gallenkirch bot ihm bald eine Stelle als Abteilungsleiter in der Hauptfiliale an. Die Wachters zogen nach St. Gallenkirch, in eine Wohnung im Geschäftsgebäude – bis 1956 eine Mure das Haus völlig zerstörte. Wieder ein Umzug, dieses Mal nach Koblach, in Ernas Heimatort. Albert arbeitete zu dieser Zeit in einer Türen- und Fensterfabrik in der Schweiz und fuhr nebenbei noch Taxi.
Doch schon damals träumte er von einem eigenen Geschäft. „Papa konnte schon immer gut handeln“, sagt Christiane mit einem Lächeln. Sein Verhandlungsgeschick kam ihm wenig später zugute. Zunächst eröffnete er in Gortipohl einen kleinen Lebensmittelhandel – in der Garage eines Einfamilienhauses. 1959 bezog die Familie im gleichen Ort ein eigenes Haus mit Geschäftslokal.
„Mein Vater war mit Leib und Seele Kaufmann“, sagt Christiane. Nun konnte Albert Wachter seiner Leidenschaft nachgehen und stürzte sich in die Arbeit. Die Geschäfte liefen gut. „Wir waren eine angesehene Familie, in der Schule hatte ich immer die besten Jause“, erzählt sie. „Sonntags musste ich regelrecht flüchten und mit meiner Familie Ausflüge machen, sonst hätte ich auch an Sonn- und Feiertagen das Geschäft offen halten müssen“, sagt Albert Wachter.
Der Stress hielt über Jahre an, „er hat Tag und Nacht gearbeitet“, erinnert sich seine Tochter“. 1978 ging er in Pension. 2012 musste das Geschäft, sein Lebenswerk, geschlossen werden: Es rechnete sich einfach nicht mehr. „Das tut mir heute noch weh“, sagt er.
Professionell und freundlich
Aus seinem Ruhestand machte er mit seiner Erna das Beste und verbrachte mit ihr viele Winter auf den Kanarischen Inseln – bis sie dort eine Hirnblutung erlitt. Wenn die Sprache auf sie kommt, wird er plötzlich wortkarg. Vor einem halben Jahr ist er aus dem betreuten Wohnen in ein Pflegezimmer gewechselt. Albert Wachter fühlt sich wohl im Wohnbereich Mondspitze und im gesamten Sozialzentrum, in dem auch Hauskrankenpflege und Mobiler Hilfsdienst untergebracht sind: „Man hat eigentlich alles, ich fühle mich wie im Hotel. Und die Leute sind freundlich.“ Der Laurentius-Park ist für Bewohner und Mitarbeiter attraktiv. Im Vorjahr landete das Haus bei „Vorarlbergs beste Arbeitgeber“, einem Wettbewerb von Arbeiterkammer und vol.at, in der Kategorie „51 bis 100 MitarbeiterInnen“ in den Top Five.
Früher ging Albert Wachter gerne in die Berge, bestieg beispielsweise dreimal den Piz Buin. Bewegung ist ihm heute noch wichtig: „Jeden Tag gehe ich zu Fuß in die Stadt, 77 Stufen runter und wieder rauf. Das ist mein tägliches Sportprogramm.“
„Mein Vater war mit Leib und Seele Kaufmann“, sagt Christiane. Nun konnte Albert Wachter seiner Leidenschaft nachgehen und stürzte sich in die Arbeit. Die Geschäfte liefen gut. „Wir waren eine angesehene Familie, in der Schule hatte ich immer die besten Jause“, erzählt sie. „Sonntags musste ich regelrecht flüchten und mit meiner Familie Ausflüge machen, sonst hätte ich auch an Sonn- und Feiertagen das Geschäft offen halten müssen“, sagt Albert Wachter.
Der Stress hielt über Jahre an, „er hat Tag und Nacht gearbeitet“, erinnert sich seine Tochter“. 1978 ging er in Pension. 2012 musste das Geschäft, sein Lebenswerk, geschlossen werden: Es rechnete sich einfach nicht mehr. „Das tut mir heute noch weh“, sagt er.
Professionell und freundlich
Aus seinem Ruhestand machte er mit seiner Erna das Beste und verbrachte mit ihr viele Winter auf den Kanarischen Inseln – bis sie dort eine Hirnblutung erlitt. Wenn die Sprache auf sie kommt, wird er plötzlich wortkarg. Vor einem halben Jahr ist er aus dem betreuten Wohnen in ein Pflegezimmer gewechselt. Albert Wachter fühlt sich wohl im Wohnbereich Mondspitze und im gesamten Sozialzentrum, in dem auch Hauskrankenpflege und Mobiler Hilfsdienst untergebracht sind: „Man hat eigentlich alles, ich fühle mich wie im Hotel. Und die Leute sind freundlich.“ Der Laurentius-Park ist für Bewohner und Mitarbeiter attraktiv. Im Vorjahr landete das Haus bei „Vorarlbergs beste Arbeitgeber“, einem Wettbewerb von Arbeiterkammer und vol.at, in der Kategorie „51 bis 100 MitarbeiterInnen“ in den Top Five.
Früher ging Albert Wachter gerne in die Berge, bestieg beispielsweise dreimal den Piz Buin. Bewegung ist ihm heute noch wichtig: „Jeden Tag gehe ich zu Fuß in die Stadt, 77 Stufen runter und wieder rauf. Das ist mein tägliches Sportprogramm.“